Blickt man in das Verzeichnis der im Sängerkreis Bingen am Rhein zusammengefassten Vereine, findet man neben den Vereinsnamen stets eine Jahreszahl ihrer Gründung und stellt fest, dass die Mehrzahl der Vereine seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehen. Die Wurzeln der organisierten deutschen Sängerbewegung, oftmals aus kirchlichen Chören hervorgegangen, liegen in dieser Zeit.
Deutscher Sängerbund
Am 21. September 1862 wurde in Coburg der Deutsche Sängerbund als Dachverband dieser Bewegung gegründet. Das soziale und wirtschaftliche Gefüge änderte sich in dieser Zeit wesentlich und damit auch das kulturelle Leben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts vereinte ein “Rheinhessischer Sängerbund” viele Gesangsvereine aus dem hiesigen Bereich. Man war damals schon bestrebt, über den örtlichen Bereich hinaus, kulturell zu wirken.
Zwischen 1903 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 fanden auf Provinzebene nicht weniger als sieben Sängerfeste statt, bei denen sich viele der jetzt dem Sängerkreis Bingen am Rhein angehörenden Vereine bereits beteiligten (1.Rhh.-Bundessängerfest in Wörrstadt 1903, 5. in Heidesheim 1908).
1924 entstand der “Hessische Sängerbund” mit Sitz in Darmstadt, dem sich entsprechend der damalige staatsrechtlichen Gliederung die Gesangsvereine aus den Provinzen Oberhessen, Starkenburg und Rheinhessen freiwillig anschlossen. Für den Bereich des damaligen Landkreises Bingen bildete sich im gleichen Jahr der “Sängerkreis Bingen am Rhein” (damalige Bezeichnung: Sängergau Bingen).
Kriegszeit
Mit der Machtübernahme von Hitler im Jahre 1933, der nicht als Führer einer parlamentarischen Mehrheit, sondern durch die “autoritären Einbruchstellen” der Weimarer Verfassung, an die Macht kam, wurde ein neues Kapitel in der deutschem Geschichte aufgeschlagen. Um die “Wiederwehrhaftmachung” des deutschen Volkes zu erreichen wurden Parlamentarismus und Demokratie abgeschafft. Es begann der Prozess der Gleichschaltung in Ländern und Kommunen, aber auch der Verbände und Vereine. Dem Deutschen Sängerbund (DSB) wurde zwar die Eigenständigkeit belassen, Organisationsstruktur und kulturelle Inhalte wurden aber den politischen Zielen der Nationalsozialisten unterworfen. Alle Vereine mussten in den DSB eintreten und die bisherigen Vorsitzenden mussten sich Kreis- bzw. Vereinsführer nennen. In einer Anordnung hieß es: “Der Kreis- bzw. Vereinsführer ernennt dem Vorstand, so verlangt es das Führerprinzip. Jeder Sänger muss die Überzeugung haben, dass er mit Pflege des deutschen Liedes eine nationale Pflicht erfüllt und soll diese nationale Tat allen gegenüber stolz bekennen.”
Dem Sängerkreisführer fiel die Aufgabe zu, den Vereinen die Anordnungen mitzuteilen und die Ausführung zu überwachen. In dem Rundschreiben Nr. 1 vom 30. Januar 1934 an die Kreisvereine hieß es: Die Kreisführung erwartet, dass die einzelnen Anordnungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Nur so kann das Verhältnis von Verein zum Kreis zu einem gut gestalteten und ein ersprießliches Arbeiten gewährleistet sein. Die Kreisführung wird sich für jeden Verein einsetzen, wenn auch er seine Mitarbeiter jederzeit bekundet.
Dieses dunkle Kapitel in der Geschichte unserer Sängerbewegung und das Engagement des Sängerkreises in dieser Zeit, wurde von einigen Vereinen zum Anlass genommen, nach dem zweiten Weltkrieg nur zögernd wieder in den Sängerbund einzutreten. Am 8. Mai 1945 wurde der Zweite Weltkrieg durch die bedingungslose Kapitulation beendet. Es war der Tod vieler aktiver Mitglieder in den Vereinen und auch von Dirigenten zu beklagen. Neues Leben regte sich in den Vereinen schon Ende 1945, nachdem die französische Militärregierung unter General Koenig, Richtlinien erließ, unter welchen Bedingungen Vereine ihre Tätigkeiten wieder aufnehmen durften. Bald wurde der Wunsch für eine Sangesorganisation laut.
Neugründung
Bereits 1948, noch vor der Währungsreform, zeigten sich in Koblenz, dem damaligen Sitz der Landesregierung, erste Bestrebungen, einen neuen Sängerbund zu gründen. Ernsthafte Überlegungen erforderte der Name für den neuen Bund, weil das neu gebildete politische Land Rheinland-Pfalz frühere Gebiete der damaligen Sängerbünde Rheinland, Hessen und Hane-Pfalz umfasste. In einer konstituierenden Versammlung und Landesebene am 23. Januar 1949, einigten sich die Delegierten auf den Namen “Sängerbund Rheinland-Pfalz”, der dann beim 1. Sängertag vom 17. bis 19. September 1949 in Bad Kreuznach bestätigt wurde.
Als Gründungsmitglieder dabei waren die Herren Reisbitzen, Blum und Eckert aus Bingen, bzw. Büdesheim, die dann später Vorstandsmitglieder des Sängerkreises Bingen wurden. Auch auf Kreisebene regte sich der Wunsch nach einer neuen Organisation. Das führte dazu, dass sich am 19. Dezember 1948 im Hotel Rolandseck in Bingen, Vertreter von acht Gesangsvereinen aus dem Binger Raum trafen und über die Wiedergründung eines Sängerkreises berieten. Grundlage waren die Erfahrungen des ehemaligen “Sängergau Bingen” im Hessischen Sängerbund.
Die vorbereitende Gründungsversammlung in Bingen am 16. Januar 1949 wurde von 25 Gesangsvereinen besucht. Der von dieser berufene vorläufige Vorstand lud sämtliche Gesangsvereine des damaligen Landeskreises Bingen zu einer Gründungsversammlung ein. Am 20. März 1949 fand dann die Gründung im Gau-Algesheimer “Winzerhaus” statt. Delegierte von 37 Gesangsvereinen waren anwesend, wovon 24 ihren sofortigen Beitritt zum Sängerkreis Bingen erklärten. Zum 1. Vorsitzenden wurde Ernst Erisbitzen vom Männerquartett Rheinperle Bingen und zum Kreis Chorleiter Musikdirektor Josel Knettel aus Bingen gewählt.
Der erste Kreissängertag fand am 8. Januar 1950 im “Greiffenklauer Hof” in Schwabenheim statt. Im Geschäftsbericht wurde der Mitgliedsbestand mit 1281 Aktiven aus 28 Vereinen protokolliert. Der Kreissängertag - die Jahreshauptversammlung des Sängerkreises - wird jedes Jahr an einem anderen Ort innerhalb des Sängerkreisgebietes abgehalten. Neben diesen findet seit 1979 jährlich im November eine Arbeitstagung zum Austausch von Erfahrungen mit den Mitgliedsvereinen statt. Der Sängerkreis Bingen am Rhein mit seinen jetzt 39 Mitgliedsvereinen ist seit seiner Wiedergründung - vor nunmehr 50 Jahren - über den Sängerbund Rheinland-Pfalz, ein Glied im größten deutschen Chorverband, dem Deutschen Sängerbund! In ihm sind 25 Landessängerbünde mit 370 Sängerkreisen zusammengefasst. Beteiligung des Sängerkreises Bingen an der Eröffnung des Kultursommers am 04. und 05. Mai 2002. Am 05. Mai Singende Meile, Beteiligung von 10 Chören und Projektchor Männer Ü60. Der Projektchor gestaltete mit eigenem Programm das viel beachtete Abschlusskonzert auf dem Bürgermeister-Neff-Platz unterhalb der Burg Klopp bei dem das Publikum mehrfach mit einbezogen wurde. Viel Lob von Seiten des Kultursommers und der Besucher. Am 03.02.2006 hatte der kurzfristig vor Weihnachten 2005 aus 14 Vereinen zusammengestellte Projektchor Männer einen weiteren Auftritt. Mit 70 Sängern gestalteten sie unter Chorleiter Hans Reiner Heucher aus Ober-Hilbersheim die Feier zur Verleihung des Ehrenbürgerrechtes an den früheren Bürgermeister der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen und langjährigen Vorsitzenden des ehemaligen Sängerkreises Bingen Hermann Hofmann aus Ober-Hilbersheim mit.